JANA – unsere erste Superheldin

Unser Song „Superhelden fliegen vor“ ist Jana Dehn gewidmet, der ersten Superheldin und
Unterstützerin der Initiative. #fürjana

Dada Peng (Liedtexter und Komponist des Songs) über seine Begegnung mit Jana:

„Wir lernten uns über Facebook kennen. Renate Werner wollte in einer Dokumentation für ARTE über SHFV berichten. Ich fragte Jana, ob sie Lust hätte Teil der Dokumentation zu sein und sie sagte ganz spontan und direkt: ja.
In den letzten Jahren habe ich insbesondere bei meinen Lesungen und Besuchen innerhalb der
Hospizbewegung Menschen getroffen, die selbst einen geliebten Partner, Freund oder Verwandten verloren und in den meisten Fällen auch begleitet haben. Wenn ich vor Auftritten weiß, dass sterbende Menschen mit im Publikum sitzen, bin ich immer angespannter und aufgeregter als sonst.
Natürlich ist ein Bild wie „Superhelden fliegen vor“ ein tröstlicher Gedanke für Hinterbliebene. Wenn ein junger Mensch mit einer todbringenden Krankheit diagnostiziert wird, empfindet man dies im ersten Moment als besonders tragisch. Wenn man den Tod aber nicht länger als Ende, sondern viel mehr als das Ziel betrachtet, kann man diese Perspektive vielleicht etwas verändern.
Für mich ist das Leben ein 10km-Marathon. Wir rennen alle wie blöde, legen alle bei Start los und wir werden alle irgendwann ins Ziel gelangen. Auf dem Weg begegnet uns der ein oder andere, bleibt eine Zeitlang an unserer Seite, überholt uns oder bleibt zurück. Diejenigen, die als erstes, also recht früh das Ziel erreichen, sind für mich Superhelden. Sie sind die Schnellsten, die Coolsten, sie sind diejenigen, die
im Ziel die Getränke kaltstellen und die Nachfolgenden während des Einlaufs bejubeln.
Diese Gedanken mit jemandem zu teilen, der laut einer tödlichen Diagnose nur noch wenige Wochen zu leben hat, das ist auch für mich eine Herausforderung. Bei Jana war das der Fall. Sie war Mitte 30 und mit Krebs diagnostiziert. Als ich sie nach ihrer Lebenserwartung fragte, sagte sie mir im April 2018, dass sie noch bis zum Mark Foster Konzert im nächsten Januar durchhalten wolle. Sie schaffte es nicht. Aber in ihren letzten Monaten durfte ich sie und ihren Mann Jens, ihr Leben, ihre Sichtweisen und Lebenseinstellungen kennenlernen und von ihr lernen. Für mich ist sie der ultimative Superheld im Sinne unserer Initiative. Die erste Superheldin überhaupt.

Sie hat meinen Umgang mit Sterbenden geprägt und mich bis zuletzt und über ihren Tod hinaus ermuntert, das Bild der Superhelden und die Idee dahinter weiterzutragen. Von Janas Tod erfuhr ich per WhatsApp, als mir ihr Mann über Janas Account eine Mitteilung schrieb: „Jana ist heute um 14.15 Uhr friedlich in meinem Arm eingeschlafen. Gruß Jens“
Ich hatte noch eine Woche vorher ausgiebig mit Jana telefoniert, und obwohl sie über Schmerzen und körperliche Einschränkungen berichtete, war sie gut drauf. Wir lachten und im Vergleich zu vielen anderen Telefonaten, die ich tagtäglich führe, war das ein lebendiges, ein positives, ein glückliches Gespräch. Sie berichtete, wieviel positive Resonanz sie nach der Ausstrahlung des ARTE-Beitrags bekam, wie sie
die Begegnung mit alten Freunden genoss und natürlich auch wie scheiße es war, sich machtlos gegenüber ihrer Krankheit zu fühlen. Aber sie beklagte sich nicht einmal. Kein einziges Mal.
Nachdem ich erstmal einen Gin Tonic auf Jana, auf ihr Leben und auf unsere Begegnung getrunken hatte, wollte ich Jens kondolieren. Ich hatte bereits die ersten Zeilen eingetippt:
Lieber Jens, wie schrecklich. Es tut mir unendlich leid….“
Dann dachte ich an Jana und an das, was wir bei unserem ersten Telefonat vereinbart hatten. Mir fiel es darin schwer, ihr Sterben beim Namen zu nennen. Ich sagte immer wieder Sachen wie: „In Deiner Situation“ oder „wenn man Deine Diagnose hat.“ und ähnliches. Irgendwann sagte ich: „Jana, ich merke die ganze Zeit, dass es mir schwer fällt ganz offen zu reden, weil ich Dir nicht zu nahe treten möchte und auch auf gar keinen Fall Deine Gefühle verletzten will. Aber wenn das für Dich okay ist, würde ich gerne einfach sagen, was ich denke und wenn Du Dich an irgendeiner Stelle damit unwohl fühlst, dann sag es, ok?“ Jana erwiderte nur: „Ja klar, gar kein Problem!“
„Okay, also Du stirbst, nicht wahr?“
„Ja, ich sterbe.“ sagte Jana.
Und dann haben wir diese direkte und offene Kommunikation beibehalten. Für mich eines der größten Geschenke, die Jana mir hinterlassen hat. Angstfrei, wertfrei und offen über das eigene Sterben und über den Tod reden zu dürfen.
Als ich nun Jens bei WhatsApp zurückschreiben wollte, merkte ich, dass sich in mir Widerstand regte. Schon der erste Satz „Wie schrecklich!“ – warum schrecklich? Jana und ich hatten ausgemacht, dass wir immer sagen können, was wir wirklich denken, was wir von Herzen sagen möchten. Warum sollte ich das nun nicht mehr tun, nur weil sie gestorben war?
Also löschte ich den bereits eingetippten Text und schrieb:
„Lieber Jens, liebe Jana! Ich glaube fest daran, dass der Tod ein Übergang von dem einen in den anderen Daseinszustand ist. Ich weiß aber auch, dass es sehr schwer ist, wenn man den Weg gerne gemeinsam gegangen wäre und nun alleine voran gehen oder zurückbleiben muss. Ich wünsche Euch beiden viel Kraft, Mut und Hoffnung! Ihr habt mich und unsere Idee der Superhelden stark beeinflusst und begleitet. Meine Telefonate mit Jana haben einen direkten Einfluss auf den Kurs der Initiative gehabt. Dafür bin ich sehr dankbar! Jana war die erste, die als betroffener Mensch zu mir gesagt hat: “Bleib dran mit der Initiative. Mach das! Wir sind alle Superhelden, ich bin auch einer, ich fliege vor.“ Liebe Jana, du bist unser erste Superheldin und ich werde nicht müde werden, von Dir zu erzählen! Lieber Jens, auch Dir Danke und alles Liebe für die nächste Zeit. Wenn Du magst, melde Dich gerne!“
Bei Janas Beerdigung bin ich nicht mit dabei gewesen. 
Als Jens mir dann die ersten Bilder von der Beerdigung per WhatsApp schickte, war ich zum einen sehr gerührt, glücklich und mir sicher, dass sie mich mehr verstand, als viele noch lebende Menschen, die zwar körperlich sichtbarer waren als sie, aber definitiv nicht präsenter oder lebendiger. Bunte Luftballons flogen in den Himmel; begraben wurde Jana in einem Friedwald, Fotos von Jana, ihre Lieblingssachen und Grußkarten lagen unter ihrem Baum.
Eine Gedenktafel mit ihrem Namen und ihren Lebensdaten erinnern seitdem an diese wunderbare Frau. Auf der Gedenktafel wurde auf Janas Wunsch hin auch noch eine Inschrift eingearbeitet. Direkt über ihrem Namen steht geschrieben:
„Superhelden fliegen vor“.